Guten Abend, lieber Innerer Leistungsmensch.

Na, alles geschafft heute? Oder noch besser: mehr geschafft als gedacht? New York, London, Tokyo an einem Tag? Kunden klargemacht und noch eine Kindergeburtstagsparty geschmissen? Die ungläubigen Gesichter der Anderen genossen als Du erzählt hast, was Du heute alles erledigen konntest? Auf die Frage „Wie machst Du das alles bloß?“ reagierst Du mit einem leichten Lächeln und einem bescheidenen „ooch, das ist nur eine Frage der Organisation“. Das Zwicken in den Schultern hast Du erfolgreich ignoriert (Vorsorgeuntersuchungen sind Zeitfresser) und dieses tumbe Gefühl im Kopf (andere nennen es Müdigkeit) mit Kaffee weggespült?

Herr Hansdampf, der Great Man

Vielleicht hattest Du, bevor Du auf dem Sofa weg nickst,  Glück und jemand erzählte Dir von Herrn Hansdampf – nennen wir ihn mal so, den Menschen aus der Great-Man-Theorie. Er ist der Power-Mann der alles kann, der mit Elan, mit unerschöpflicher Energie, mit Witz, er ist die „Stütze der Geschäftsführung“, der Mitarbeiter des Jahrhunderts, das Aushängeschild der Abteilung. Also: Herr Hansdampf – in den letzten 20 Jahren nicht einen Tag krank gewesen – fehlte erst eine Woche, dann zwei, dann zwei Monate. An dem Tag, an dem sein Wiedererscheinen angekündigt wurde, rief seine Frau an. Ihr Mann säße nur da und starre nur aus dem Fenster. Er könne nicht kommen. Wieder einer, der „von der Schippe“ gesprungen ist? Kann Dir natürlich nicht passieren, lieber Innerer Leistungsmensch. Du bist gut aufgestellt. Machst Sport. Ernährst Dich einigermaßen gesund. Das Rauchen hast Du Dir abgewöhnt. Das muss reichen.

Guten Abend, ich bin Dein Innerer Gesundheitsmanager

Der Innere Leistungsmensch hat einen Feind, den Inneren Gesundheitsmanager, denn er stört, ist unbequem, hindert Dich an Leistung. Denn während der Innere Leistungsmensch stark, groß und strahlend ist, ist sein Innerer Gesundheitsmanager klein, dünn, mickrig und hat nicht viel zu sagen. Aber er ist freundlich, manchmal zufreundlich. Wenn er mal schüchtern fragt, ob er nicht auch mal etwas Schlaf bekommen könnte, sagt der Große IL: „Schlafen kannst Du, wenn Du tot bist“. Wenn er mal leise den krummen Zeigefinger erhebt und sagt „Ich brauche etwas Ruhe“ sagst Du „Lass´uns einen Telefontermin vereinbaren“. Dann zieht sich der kleine, mickrige Gesundheitsmanager traurig wieder in seine Ecke zurück.

Das Blöde: der Innere Gesundheitsmanager hat ein Team. Dieses Team heißt Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde. Und die sind nicht ohne. Die können zusammen Einiges anstellen, z.B. Hormone produzieren wie Noradrenalin, Adrenalin (bei kurzfristigem Stress) und Glukokortikoide bei langfristigem Stress: Cortisol,  CRH und Vasopressin[1][2] [3]

NFBS. Das Projektteam, das ein paar Millionen Jahre auf dem Buckel hat

Dieses Team ist schon ein paar Millionen Jahre alt und hat viel Erfahrung. Es hat sich gegründet, als es um die Projektausgangsfrageging: Welches innere Risikomanagement stellen wir auf, wenn uns ein Löwe verfolgt?

Unser Change Management ist zu langsam, unser Drive zu lahm. Also, was machen wir? Wir entwickeln eine innere Software, die sich Negatives Rückkopplungssystem nennt, nein, Englisch ist besser, „Negative Feed-Back- System, kurz NFBS“. Dieses System begrenzt die Ausschüttung von Hormonen. Ist genug vorhanden, wird nicht noch mehr ausgeschüttet.  Ein intelligentes Frühwarnsystem sozusagen. Wie toll ist das! Schade, dass man das nicht verkaufen kann.

Dieses System funktioniert auch hervorragend, der Produktlebenszyklus scheint unendlich, eine richtige Cash-Cow. Es hat nur eine kleine Schwachstelle: Übermäßiger Stress stört die Rückkopplungssysteme und kann zu Fehlregulationen führen. Denn Eines haben die Systembuilder von damals nicht bedacht: den  Inneren Leistungsmenschen. Der, der dauerhaft und ständig vor dem Löwen wegrennt oder sie angreift. So viele Löwen wie heute gab es damals eben noch nicht.

Sooooo viele Löwen oder: Ich steig´aus

Heute gibt es cholerische Chefs und nörgelnde Ehemänner/-frauen, pubertierende Gören und Change Management ohne Ende. Dazu Lärm, Zickenkrieg (wie heißt eigentlich das Pendant bei Männern?). Rush-Hour und Warteschlangen an der Supermarktkasse. Und als Ergänzung: Zeitpläne, Terminpläne, Projektpläne, Prozesspläne, Kunden. Dann noch das ätzende Gerede von der Work-Life-Balance (Was soll das? Mein Leben IST Arbeit!). Der größte Löwe lauert jedoch mittlerweile im Menschen selbst: in der Angst vor (Job-)verlust. Im Streben nach Anerkennung, im renovierungsbedürftiges Selbstwertgefühl, in der Lust an der Macht, im Abarbeiten von Schuld- und Angstgefühlen. Die kleine süsse Schnuckelkatze, die früher einmal sagte “Du musst das tun, damit es Deinen Kindern gut geht” ist zum mächtigen Raubtiergeworden.

Das alles hat NFBS nicht bedacht, da hat die Critical-Incidents-Methodeversagt. Die Folge: exzessive Ausschüttung von Cortisol. Es signalisiert Dir, dass Du Dich in großer Gefahr befindest (vgl. Löwe) und lässt zudem das NFBS mit zunehmender Zeit abstumpfen. Kurz: das System macht sich selbständig, die verankerte normale Tagesrhytmik der Cortisolausschüttung („cirkadiane Rhythmik“) macht das Innere Gesundheitsteam fertig, die Nebennierenrinde sagt „Ich steig aus“. Der Innere Gesundheitsmanager gibt nicht auf, meldet sich wieder und sagt dem Inneren Leistungsmenschen ganz leise und schüchtern:“ Niemand kann über lange Zeit kontinuierlich 150% der Leistung erbringen, Deine Nebennieren leider auch nicht.[4]

Erste Übung: Lass´für 5 Minuten Deinen Inneren Gesundheitsmanager zu Wort kommen. Wenn Du gerade eine herausfordernde Situation 
gemeistert hast setze Dich anschließend hin. Schreibe NICHT nach dem Meeting das beste Protokoll, welches die Welt gesehen hat.
Sondern: denke an: Nichts. Höre in Dich hinein, was Dein Körper sagt.Schweißausbrüche, 
rasendes Herz? Nicht stillstehende Gedanken? Geht nicht? 
Beginne die Übung von vorn. Bis es Dir gelingt, einfach nur 5 Minuten nichts zu machen.

Wenn die Nebennierenrinde und der Hypothalamus in die Innere Kündigung gehen

…ist es nicht schön. Bluthochdruck. Das Immunsystem altert schneller – und Du auch. Sexuelle Unlust. Unfruchtbarkeit. Erhöhter Blutzuckerspiegel und hoher Insulinbelastung. Dadurch entsteht eine beschleunigte Alterung. Degenerative Erkrankungen in allen Geweben und Organen werden gefördert. Akute Insulinresistenz kann entstehen, weil das Cortisol den Eintritt von Glukose in die Zellen hemmt. Dies führt zur Steigerung der Insulinausschüttung. Die Entwicklung des metabolischen Syndroms wird gefördert – ebenso die Diabetes vom Typ 2.Hohe Blutzuckerspiegel und Insulinresistenz begünstigen die Verfettung. Wassereinlagerung in den Geweben, Abbau von Knochenmasse (Osteoporose). Die Schädigung von Sehnen, Bändern, Bandscheiben und Gelenkknorpeln kann eine Folge sein. Der Abbau von Muskelmasse. Die Verschlechterte Wundheilung, Bindegewebsschäden. Und nicht zuletzt: Beschleunigte Alterung und Faltenbildung der Haut. Haarausfall, ergraute Haare.[5]

Der Innere Gesundheitsmanager wird plötzlich größer. Er fragt: „Reicht Dir das, um Dich mit mir zu beschäftigen? Wenn ja, lese weiter: BGM III. Wenn nein: viel Glück!“

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