DIE MOTIVIERENDE FÜHRUNGSKRAFT. MITARBEITERGESPRÄCHE
Was eine motivierende Führungskraft tut, um produktive, konkrete Ergebnisse, vereinbarte Ziele und entwickelte Mitarbeiter zu bekommen.
Täglich, hundertfach, tausendfach, werden Mitarbeitergespräche geführt. Mal mehr, mal weniger freiwillig. Mal mehr, mal weniger produktiv. Und jeder will eigentlich Dinge positiv nach vorne bringen. Keiner will, dass das Ganze aus dem Ruder läuft. Und trotzdem…
Die Anlässe sind vielfältig: Dinge, die nicht getan wurden, Dinge, die anders als gewünscht getan wurden, Dinge die zu schnell, zu viel, zu unabgestimmt getan wurden, Dinge, die getan werden müssen… unendlich viele Dinge, die letztendlich Eines gemeinsam haben: Die Führungskraft will etwas vom Mitarbeiter oder der Mitarbeiter will etwas von der Führungskraft.
Was dann passiert: Man kommt vom „Höcksken auf’s Stöcksken“ nach dem Motto: „Was ich schon immer mal loswerden wollte“. Mit eher vagen Ergebnissen: Man geht in ein Gespräch, innerlich aufgeregt, äußerlich gelassen und kommt aus einem Gespräch: innerlich noch aufgeregter und die Gelassenheit ist auch vorbei. Die Klärung von Sachverhalten ist in den Hintergrund getreten, persönliche Angriffe („Sie haben schon wieder“), Drohungen („Wenn Sie nicht… dann werde ich…), Beleidigungen (“Sind Sie zu doof zum..?“), Rückzugsmanöver („Jetzt sage ich gar nichts mehr“), Weinen (“…”), Vorurteilen („Ich wusste doch gleich, dass…“), Erpressungen (“Wenn Sie dies machen, dann bekommen Sie auch das…“), Schuldzuweisungen (“Immer sind Sie derjenige..”), Ausweichmanöver, Rechtfertigungen, Machtpositionierungen sind an der Tagesordnung. Nur konkrete Ergebnisse, klare Entscheidungen, vereinbarte Ziele, gemeinsames Lernen? Fehlanzeige.
Warum passiert das immer wieder? Man kann natürlich sagen: >>Ich bin auch nur ein Mensch, und wenn Frau Müller mit dieser Visage ins Gespräch kommt, dann vergeht mir schon alles.<<
Richtig, wir sind Menschen. Und jeder will eigentlich Dinge positiv nach vorne zu bringen. Keiner will, dass das Ganze aus dem Ruder läuft. Und trotzdem…
3 Phasen der Gesprächsführung
Wie erreicht es eine Führungskraft, dass alle Gesprächsteilnehmer Motivation aus einem Gespräch gewinnen und diese in produktive Ergebnisse umwandeln?
Die motivierende Führungskraft durchläuft 3 Phasen, bevor Sie in das Gespräch geht: Die erste Phase betrifft die innere Haltung, die zweite Phase das daraus entstehende Verhalten und die dritte Phase die Festsetzung des Gesprächsziels. Alle 3 Phasen hängen eng miteinander zusammen, sie können nicht ohne einander, ihre Prinzipien sind eng miteinander verflochten. Das Gespräch selbst ist dann ein Selbstgänger.
1. Phase Haltungsziele
Führungskräfte, die dieses erreichen, nenne ich motivierende Führungskräfte. Sie haben eine besondere Haltung verinnerlicht. Sie charakterisiert
1. Die Erwartung, dass sich etwas zum Positiven hin verbessern und verändern kann
Sie wissen: Eine negative Einstellung zeigt sich automatisch im Verhalten und in der Sprache. Eine positive auch.
2. Keine Bewertung der Person
Es interessiert nicht, was man persönlich von Jemanden hält. Persönliche Angriffe und Wertungen haben bei ihnen im Gespräch nichts zu suchen. Es interessiert, wie man zu einer Lösung kommt.
3. Der gemeinsame Vorteil steht im Vordergrund
Es geht nicht um Machtdemonstration. Es geht darum Wege zu finden, wie man gemeinsam etwas erreicht.
4. Von der Schuld zur Zukunft
Es interessiert nicht, wer Schuld an einer Sache war. Motivierende Führungskräfte fragen: Wie können wir das in Zukunft verändern, dass es nicht wieder vorkommt? Was lernen wir daraus?
5. Vom Allgemeinen zum Spezifischen
Mitarbeitergespräche sind häufig ein Fundus diverser Themen, die alle miteinander vermischt werden – und am Ende nichts dabei herauskommt. Die motivierende Führungskraft nimmt sich EIN Thema pro Gespräch vor und behandelt dies,bis es erfolgreich umgesetzt wird. Dann erst kommt das nächste Thema.
6. Von der Person zum Problem
Menschen ändern sich nicht. Probleme aber schon. Wenn ein Mitarbeiter seine Arbeit zu spät abliefert, geht es darum, wie das zukünftig vermieden wird. Es heißt nicht „Sie schaffen es nie, mir rechtzeitig die Unterlagen zu schicken“ sondern: „Unser Wert ist Zuverlässigkeit. Die Unterlagen, die heute vorliegen sollten, sind nicht da. Was schlagen Sie vor: was muss getan werden, damit der Termin eingehalten wird?“
7. Vom Beschuldigen und Entschuldigen zum Ändern
Beschuldigen „Sind Sie zu faul? Haben Sie es nicht verstanden?“ werden mit Sicherheit nicht zu einer Lösung führen. Im Gegenteil: es werden Strategien entwickelt, wie man dem, der verletzt hat, wieder Verletzungen zufügen kann. Andersherum: Es wird auch nicht entschuldigt, wenn es nichts zum Entschuldigen gibt.
Im Vordergrund steht immer die Frage nach einer Lösung, die mit Veränderung verbunden ist und wie diese Veränderung eingeleitet und deren Erfolg geprüft wird.
2. Phase Verhaltensziele
Führungskräfte, die diese Haltung verinnerlicht haben, zeigen automatisch ein entsprechend motivierendes Verhalten: Sie beherrschen die
8. Kommunikationstechnik des Fragens und Zuhörens
Nicht ihre Worte und Meinungen sind entscheidend, sondern das Ergebnis. Um es zu erreichen, fragen sie. „Wie genau meinen Sie es“? „Was genau verstehen Sie darunter?“ “Was schlagen Sie vor?” Nur, wenn man vom Gleichen spricht, kann auch ein gemeinsames Ergebnis erzielt werden. Ansonsten spricht man aneinander vorbei und versucht nur, seine Interessen durchzusetzen.
9. Bereitschaft anzunehmen und zu danken
Weg von der Haltung „Ich weiß alles“ und hin zu der Bereitschaft, nicht nur konstruktive Kritik zu verteilen, sondern auch anzunehmen. Ein „Danke!“ tut niemanden weh und zeigt gleichzeitig…
10. Systeme des gegenseitigen Respekts
Motivierende Führungskräfte haben Respekt vor den Menschen, die Ihnen anvertraut wurden. Sie verlassen nicht die Ebene der Verantwortung für menschliche Würde und Schutz der Persönlichkeit. Sie lassen ihnen “ihr Gesicht” und führen sie nicht vor. Der Respekt bleibt immer, auch in schwierigen Gesprächssituationen, erhalten. Verlässt der Gesprächspartner der motivierenden Führungskraft – in diesem Fall der Mitarbeiter – diese Grenze, wird auf den Wert verwiesen. “Herr Müller, unser Wert ist Respekt. Sie handeln nicht danach. Dieses Gespräch wird daher genau in diesem Moment beendet.” Aber, keine Sorge: Motivierenden Führungskräften passiert das nicht. Denn respektlos agierende Personen wurden bereits bei der Personalauswahl herausgefiltert.
11. Belohnung und Bestrafung vermeiden
Motivierende Führungskräfte wissen: Jede Problemlösung, die jemanden abwertet oder herabsetzt führt nicht weiter. Und sie befolgen dabei streng das Prinzip: Lob bleibt Lob. Kritik bleibt Kritik und vermischen nicht beides miteinander.
Mit diesen Haltungs- und Verhaltenszielen geht die motivierende Führungskraft in das Gespräch – unabhängig davon, ob es 5 Minuten oder 30 Minuten dauert. Und auf keinen Fall länger. Alles, was nicht in 30 Minuten gesagt werden kann, überfordert und führt mehr zur Verwirrung als zur Klärung.
3. Phase Gesprächsziele
12. Vorbereitung und Gesprächsziel festlegen
Eine motivierende Führungskraft bereitet sich auf das Gespräch vor. Sie ist sich darüber im Klaren, was sie mit dem Gespräch erreichen will: Veränderungen? Ideen? Lösungen? Dieses Ziel wird konsequent verfolgt. Ist es nicht mit einem Gespräch getan, gibt es noch nicht sofort Lösungen, wird das Gespräch vertragt, bis eine Lösung erarbeitet ist. Dabei wird dem Mitarbeiter grundsätzlich nicht die Lösung abgenommen. Er wird so lange gefördert, bis er in der Lage ist, eine Lösung vorzuschlagen (Nr.8).
13. Durchführung und Klarheit
Sie beginnt jedes Gespräch mit dem Wert, welcher dem Gesprächsziel zugeordnet ist, denn sie weiß, dass nur so der Mitarbeiter versteht, WARUM und in welcher Ordnung das Gespräch geführt wird. Geht es um Verspätung? Dann ist der Wert Zuverlässigkeit, in direkter Sprache ganz einfach gesagt: “Herr Müller, unser Wert ist Zuverlässigkeit.”
Auf den Wert folgt das Ziel. Die motivierende Führungskraft benennt klar das Gesprächsziel, weil sie weiß, dass nur dann ein Mitarbeiter auch versteht, WOFÜR er in das Gespräch gegangen ist. In direkter Sprache: “Herr Müller, dass Ziel ist, dass unsere Kunden pünktlich bedient werden. Das sorgt für den Bestand unseres Unternehmens.”
Erst dann geht Sie zum Sachthema über. Das WAS wird angesprochen. In direkter Sprache: “Ich erwarte, dass Sie ab heute pünktlich erscheinen, ohne Ausnahme. Was schlagen Sie vor, wie erreichen Sie das?”
Die motivierende Führungskraft bleibt beim Thema und führt den Gesprächspartner bei Abschweifungen (Ausreden, Ausweichmanöver) darauf zurück. „Das ist sicherlich ein Thema, lassen Sie es uns festhalten und am.. besprechen. Jetzt sind jetzt bei…“). Sie ist klar, transparent und zuverlässig in ihren Aussagen.
14. Entscheidung und Autorität
Die motivierende Führungskraft genießt Anerkennung Ihrer Autorität per Respekt aufgrund ihrer Professionalität, nicht per Akzeptanz aufgrund ihrer Funktion. Sie erreicht es, indem sie immer a) das Gespräch beginnt und beendet b) bei Gesprächsbeginn niemals den Mitarbeiter zuerst erzählen lässt, c) die letztendliche Entscheidung trifft, und d) zusammenfasst, wie und auf welche Art und Weise die vereinbarten Dinge kontrolliert und gesteuert werden. In direkter Rede: “Herr Müller, ich fasse zusammen: Sie stehen morgens eine Stunde früher auf und ermöglichen es so, dass Sie pünktlich zur Arbeit erscheinen. In einer Woche setzen wir uns am XX.XX.XXXX zusammen und ich gebe Ihnen eine Rückmeldung, ob die Vereinbarung eingehalten wurde.”
15. Abschluss und Kontrolle
Festgehaltene Vereinbarungen werden überprüft und das Ergebnis wird in jedem Fall kommuniziert. War das Ergebnis gut, gibt es Lob. Wurden sie nicht erfüllt, erfolgt ein Kritikgespräch. Das Vernachlässigen des Lobes nach dem Motto „Nicht geschimpft ist genug gelobt!“ bedeutet den Verzicht auf die Chance, einen Mitarbeiter zu motivieren. In direkter Sprache: “Herr Müller, Sie waren letzte Woche vorbildhaft pünktlich und haben unseren Wert der Zuverlässigkeit eingehalten. Ich freue mich über die Verbesserung.”
# Weiterführend
- https://4pleadership.wordpress.com/2017/07/11/das-fuehren-eines-mitarbeitergespraechs-ist-gar-nicht-so-dramatisch/
- Wöhrmann,S. Kritikgespräche führen, Online Praxishilfen, Wolters Kluwer 2016 https://www.personalwirtschaft.de/assets/documents/Arbeitshilfen/Kritikgespraeche-fuehren.pdf
- http://www.apt-woehrmann.de/feedforward/
- Goldsmith, M: Feedforward, http://www.culturechangega.org/special_projects/Feedforward%20by%20Marshall%20Goldsmith.pdf
- Fellner, K. (2016). Belastungen an den Kragen. Ressourcen aktivieren mit dem Zürcher Ressourcen Modell ®.
- Hersey,P., Blanchard, K.H., Johnson, D.E. Management of Organizational Behaviour, 2001, vgl. Situatives Führen oder
„Der 1-Minuten-Manager“, Rowohlt, 2000 - Meier, R. & Storch, M. (2013). Coaching mit dem Zürcher Ressourcen Modell ZRM®. In E. Lippmann (Hrsg). Coaching
(3. Auflage), (S. 74-86). Heidelberg: Springer - Sprenger, R.K.: Mythos Motivation, Wege aus der Sackgasse, Campus, Frankfurt, New York, 2014
- Wöhrmann, S. Balance in der Führung – ein ganzheitliches Führungskonzept, in: Handbuch PersonalEntwickeln,
Verlag Wolters Kluwer, 2017 - Wöhrmann, S. Selbstverantwortung in der beruflichen Weiterbildung; in: Handbuch PersonalEntwickeln, Wolters
Kluwer, Ergänzunglieferung, 2013-17 - de Shazer,S: Wege der erfolgreichen Kurztherapie. 2. Aufl. ,Klett-Cotta, Stuttgart
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1990.